Das Judasohr ist ein gallertig-zäher Pilz, den man höchstens mit viel gutem Willen verwechseln kann. Er bevorzugt zumindest in Mitteleuropa den Schwarzen Holunder (Sambucus nigra) als Wirt. Der Pilz heißt deswegen auch Holunderpilz. Von rund 600 Funden im Rahmen einer Kartierung in Baden-Württemberg fruktifizierten tatsächlich knapp 400 an Holunder. Die übrigen 200 Funde waren auf 23 Gehölzarten verteilt, vorzugsweise auf Weichhölzer wie etwa die Weide.
Die chinesische Morchel
In Ländern, in denen das Judasohr als Speise- oder „Vitalpilz“ auf zerkleinerten Holzsubstraten angebaut wird, heißt er übrigens Chinesische Morchel. Weitere Namen des Pilzes sind Mu-Err, Mo-er, Maomuer, Yung Ngo, Muk Ngo, Kikurage, Mokurage und überdies Aragekikurag.
In hiesigen Asia-Läden kann man ihn indessen getrocknet als Mu-Err kaufen. →
Ist das Judasohr ein guter Speisepilz?
Die Frage, ob das Judasohr wirklich ein Speisepilz ist, konnte nach meinem Dafürhalten bis heute nicht befriedigend beantwortet werden. Auf jeden Fall steht es in den „Leitsätzen Speisepilze“ als solcher drin.
Das Judasohr schmeckt praktisch nach nichts. Wenn man es zu braten versucht, zeigt es eine sprunghafte Tendenz zur Pfannenflucht. Es versucht sich durch einen beherzten Sprung in die Freiheit zu retten. Deckel zu!
In Streifen geschnitten am Salat gibt es aber einen aparten Crisp.
Das Judasohr galt früher als kühlendes Mittel bei Augenentzündungen.
Eines seiner Synonyme ist Laschia tremellosa. Der Gattungsname spricht freilich nicht das lasche und zittrige Fleisch an, sondern ist eine Ehrenbezeichnung. Der Geehrte ist Wilhelm Gottlob Lasch (1787-1863), ein deutscher Botaniker. Man hat ihm beispielsweise die tropische Pilzgattung Favolaschia verehrt.
Begriffserklärung
auricula (lat.): Öhrchen, Ohrläppchen, Ohr. Verkleinerungsform. zu auris = Ohr.
auriculatus (a, um, lat.): kleinöhrig
tremellosus (a, um, lat): zittrig, zitternd, von lat. tremere = zittern bzw. tremescere = erzittern
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